Die feline Entwicklung
Vom neugeborenen Welpen zur selbständigen Jägerin
Die Entwicklung einer Katze von neugeborenen Welpen bis hin zur selbständigen Jägerin ist faszinierend und geschieht in einem relativ rasanten Tempo.
Katzen sind äußerst faszinierende Tiere. Durch ihre Kraft, Eleganz, Beweglichkeit, Zähigkeit und Schönheit sind sie zum beliebtesten Haustier des Menschen geworden. Man unterscheidet 38 Katzenarten, die Vielfalt an Rassen, Felllänge und Fellfarbe ist riesengroß. Da ist für wirklich jeden Geschmack das richtige Tierchen dabei. Allein deshalb ist eine verantwortungsvolle Zucht von Rassekatzen so wichtig. Denn wie schade wäre es, wenn die Vielfalt der Rassen verloren gingen und es „nur“ noch die Europäisch Kurzhaar geben würde.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Europäische Wildkatze der Vorfahre unserer heutigen Haus- und Rassekatzen ist. Vielmehr wird angenommen, dass die in Vorderasien und Afrika noch heute lebende Falbkatze vor mehr als 2000 Jahren sich dem Menschen anschloss und zur heutigen Hauskatze wurde. Zu diesem Zeitpunkt begann in Ägypten der Siegeszug der Katze als Haustier. Dort als Gottheit angebetet – einerseits als Göttin der Fruchtbarkeit, andererseits als Schreckensgöttin der Zerstörung. In Asien wurde sie zur Tempelkatze erkoren und in Europa lebte sie friedlich in den ärmlichsten Bauernkaten, war jedoch genauso ein Zeichen von Hexen und Zauberern.
Der Mensch heute ist daran gewöhnt, dass die Katze das Leben mit ihm teilt, sein Futter frisst und tägliche Streicheleinheiten genießt. Trotzdem sollte man nie vergessen, dass Katzen eigentlich Raubtiere sind, auch wenn sie in der Wohnung sich noch so angepasst verhalten. Ihre Raubtierinstinkte haben sie nie ganz abgelegt, auch nicht die noch so friedlich wirkende Couchkatze!
Aber wie wird aus dem hilflos geborenen Katzenwelpen eine so perfekte Jägerin?
Die Entwicklung während der ersten Lebenstage
Angeborene Reflexe
Bereits wenige Minuten nach der Geburt kriechen die Babys in Richtung Zitzen. Verschiedene angeborene Reflexe helfen dem Katzenwelpen, die Zitzen zu suchen, sich an ihnen festzusaugen (Saugreflex) und zu Trinken (Schluckreflex). Dies sind die einzigen Fertigkeiten, die neugeborenen Katzenkinder in den ersten Tagen nach ihrer Geburt besitzen. Wir nennen sie „angeborene Reflexe“. Diese sind überlebenswichtig, denn ohne diese Reflexe würde das Baby verhungern. Ein weiterer Reflex kommt ein bis zwei Tage nach der Geburt hinzu: der “Milchtritt-Reflex”. Hierbei “massieren” die Babys mit ihren Vorderbeinen das Gesäuge der Mutter, um den Milchfluss anzuregen. Dieses Verhalten behalten viele Katzen ihre Leben lang bei und zeigen es immer dann, wenn sie sich ausgesprochen wohl und geborgen fühlen, sie “treteln” dann.
Mütterliche Fürsorge
Die ersten Tagen nach der Geburt verbringen die Katzenwelpen nur mit Trinken und Schlafen. Zu Beginn können die Kleinen weder hören noch sehen. Ihre Bewegungen wirken auf uns unbeholfen und unkoordiniert. Auch die eigene Körpertemperatur können die Babys noch nicht selbständig regulieren. Ihre Mutter als “Nahrungsquelle”, ”Wärmflasche” und “Windelwechslerin” ist für die Babys unersetzlich und lebensnotwendig. Selbst Babys, die von Menschenhand aufgezogen werden, versterben meist ohne ihre Mutter innerhalb der ersten Tage. Es ist für sie häufig ein bereits verlorener Kampf, wenn die Mutter die Geburt nicht überlebt hat.
Die Katzenmutter verlässt deshalb in dieser Zeit das Welpenlager kaum, nur zur Nahrungsaufnahme und zum Toilettengang wird sie ihre Babys allein zurück lassen und unmittelbar nach Erledigung dieser Dinge wieder zu ihren Sprösslingen zurückkehren. Apropo Windelwechsel: Die Katzenmutter putzt ihre Babys ständig. Nicht nur Kopf und Bauch werden permanent abgeschleckt, auch die Analregion wird ständig von der Mutterkatze geputzt. Somit wird die Verdauung und die Ausscheidungen angeregt. Ohne dieses Putzen würden die Babys jämmerlich versterben. Die Ausscheidungen selbst frisst die Mutter so lange die Babys ausschließlich Muttermilch zu sich nehmen. Auf diese Art und Weise hält sie auch das Welpenlager sauber.
Wachsen und Schnurren
Die Babys wachsen rasant und legen eine enorme Geschwindigkeit bei ihrer Entwicklung hin. Das Geburtsgewicht von 90 bis 120 g verdoppeln die meisten Katzenwelpen innerhalb der ersten 7 bis 10 Tage. Und bereits nach wenigen Tagen haben die Babys die Fähigkeit erlangt, während des Säugens zu schnurren. Man hört es anfangs nur ganz leise, aber die Vibrationen im kleinen Katzenkörper, die durch das Schnurren ausgelöst werden, sind deutlich zu spüren.
Geschlechtsbestimmung
Und wie erkennt man das Geschlecht des kleinen Katzenkindes? Nun das ist mitunter nicht ganz so einfach und selbst langjährigen Züchtern unterläuft da schon mal ein Fehler. Da kann es sein, dass der anfangs gesehene Kater über Nacht eine “Geschlechtsumwandlung” zur Kätzin vollzieht.
Am besten sieht man das Geschlecht unmittelbar nach der Geburt des Babys oder im Alter ab der 3. Lebenswoche. Bei einer Kätzin liegen Darmausgang und Geschlechtsöffnung sehr nah beieinander, die Scheide erscheint als kleiner Strich und das Gebilde am Po schaut fast aus wie ein kleines i. Beim Kater hingegen ist zwischen Darmausgang und Penisöffnung wesentlich mehr Abstand, beim sanften Schieben des Penisausganges in Richtung After sind die Ansätze für die Hoden gut zu erkennen. Der Penisausgang ist anders wie die Scheide bei der Katze auch kein Strich, sondern punktförmig. Trotz allem gilt bei der Geschlechtsbestimmung: Irren ist menschlich und mitunter benötigt man etwas Geduld, bis man sich des Geschlechtes sicher sein kann.
Die 2. und 3. Lebenswoche
Sehen und Hören
Etwa 10 bis 14 Tage nach der Geburt öffnen sich die Augen der Welpen. Es dauert meist zwei bis vier Tage, bis die Augen vollständig geöffnet sind. Bis ein Kätzchen aber richtig sieht, vergehen weitere Tage, meist ist das am Ende der 3. Lebenswoche der Fall. Anfangs haben alle Katzen blaue Augen. Der Wechsel zur späteren Augenfarbe geschieht sehr langsam und schrittweise und dauert bei manchen Rassen bis zu 2 Jahre.
Nun beginnen die Kätzchen auch zu hören. Man kann das sehr gut beobachten, wenn die kleinen Köpfe sich in die Richtung strecken, aus der die menschliche Stimme vernommen wird. Oder auch, wenn beim Öffnen der Wurfkiste die kleinen Babyköpfe sich alle in eine Richtung strecken, weil sie ein Geräusch vernommen haben.
Stehen und Gehen
Auch die Entwicklung der Fähigkeiten Stehen und Gehen wird nun geübt, denn anfangs kriechen die Katzenwelpen nur auf ihrem Bauch. Etwa im Alter von 2 Wochen machen sie die ersten, wackligen Stehversuche auf ihren vier Minibeinen. Beim Laufen jedoch fallen die Kleinen häufig noch um, der Gleichgewichtssinn muss noch geschult werden.
Zähne
Am Ende der 3. Lebenswoche beginnen die Milchzähne durchzubrechen. Sie sind ein deutliches Signal dafür, dass die Mutter ihre Welpen bald schrittweise entwöhnen wird. Doch noch säugt sie ihre Babys rund um die Uhr und verbringt immer noch 70 % ihrer Zeit im Welpenlager. Doch selbst wenn die Katzenmutter nicht direkt bei ihren Babys liegt, wird sie die Welpenkiste nie aus den Augen lassen. Sie ist immer in der Nähe und beim kleinsten Rufen ihrer Kinder kommt sie angelaufen, um nach dem Rechten zu sehen.
Putzen
Ein weiterer Meilenstein bei der Entwicklung zur erwachsenen Katze und ein typisches Verhalten der felinen Art wird etwa in der 3. Lebenswoche das erste Mal beobachtet: Die Katzen beginnen sich selbst zu putzen. Anfangs sieht das Putzen unbeholfen aus, häufig wird die Putzbewegung der Pfote am Gesicht vorbei einfach so in der Luft ausgeführt. Aber auch hier ist das Katzenbaby ein erstaunlich schneller Lerner. Bereits nach wenigen Tagen wird die feline Körperpflege perfekt beherrscht.
Die 4. bis 8. Lebenswoche
Die Welt erkunden
In dieser Zeit werden aus den kleinen, tapsig wirkenden Welpen richtig kleine Katzenkinder. Für mich ist das die Zeit der größten Veränderungen und Fortschritte, die Zeit der auffallendsten Entwicklung hin zur perfekten Jägerin. Die Babys haben ihr Welpenlager verlassen. Bei uns ziehen sie in das Kittenlaufgehege um. Sie haben gelernt, auf ihren vier Pfoten zu gehen und schauen munter und interessiert in die Welt. Ihr Gleichgewichtssinn funktioniert schon erstaunlich perfekt.
Ab der 5. Lebenswoche beginnen sie sich für Gegenständige und kleine Spielsachen zu interessieren. Sie trainieren und üben damit ihre Jagdfähigkeiten mit Mutter und Geschwistern und lernen nach und nach alles, was eine Katze zum Überleben in der Wildnis braucht. Damit unterscheiden sich unsere reinen Wohnungskatzen überhaupt nicht von wilden Katzenarten. Beobachtet man aufmerksam, ist das eine faszinierende Reise in die Welt der Raubtiere, selbst den Tötungsbiss lernen unsere Wohnungskatzen-Babys!
Entwöhnung
Ab der 5. Lebenswoche beginnt die Mutter mit der Entwöhnung der Welpen. Sie wird zu diesem Zweck ihre Sprösslinge zu ihrer Nahrungsquelle (Futternapf) führen und sich beim Säugen so hinsetzen, dass die Kleinen nicht mehr so leicht an die Zitzen kommen. Natürlich achten wir in unserer Cattery darauf, dass unsere Babys anfangs ihr Babyfutter bekommen und keines der Welpen dabei zu kurz kommt. In der Wildnis jedoch gibt es diesen “Menschenschutz” nicht. Dort müssen die Katzenbabys von ganz allein anfangen mit dem selbständigen Fressen. Auch Kittenfutter wird in der Wildnis bestimmt kaum vorhanden sein.
Katzenklo
Parallel zur Entwöhnung von Muttermilch beginnt die Gewöhnung an das Katzenklo und die Entwicklung der bewussten Ausscheidungen durch die babys. Die Mutter wird mit dem Zufüttern das Fressen der Ausscheidungen der Welpen einstellen. Etwa mit 4 Wochen können die Kleinen ihre Verdauung beherrschen. Der sichere Gang aufs Katzenklo wird von der Mutter abgeschaut. Beim Erlernen dieser vom Menschen gewünschten Verhaltensweise sind die Welpen unterschiedlich geschickt. Manche Babys benutzen das Klos sofort und ständig mit 100 %iger Sicherheit, andere benötigen ein bis zwei Wochen, um den Sinn der “magischen Kiste” zu erkennen. Da hilft nur Geduld und Verständnis.
Sozialisierung
In dieser Lebensphase beginnt die wichtigste Entwicklung für das Katzenkind, welches in enger Beziehung zum Menschen leben soll: Die Sozialisierung. So oft wie möglich müssen Katzenbabys in diesem Alter den Kontakt zum Menschen bekommen. Sie müssen gestreichelt und auf die Hand genommen werden. Nur so verliert es die angeborene Scheu vor Fremden. Das Baby muss lernen, dass die menschliche Hand liebkost und gut tut. Auch der erste Kontakt mit Hunden ist in dieser Phase gut und wichtig. Bekommt das Baby in diesem Alter keine Zuwendung von Menschen und hat es keinen Kontakt zu anderen Tierarten wie Hunden, wird es sich später im Leben kaum in dessen Nähe wohl fühlen.
9. bis 12. Lebenswoche
Sozialisierung
In dieser Zeit festigt sich all das, was im Monat davor in Sachen Sozialisierung begonnen wurde. Man spricht allgemein zwischen der 3. und 12. Lebenswoche von der so wichtigen Sozialisierungsphase. Anfangs nur mit den Geschwistern, üben die kleinen Katzenkinder nun auch mit dem gesamten Katzenrudel all das, was sie später für das Leben und die so wichtige Jagd brauchen: sie üben das Springen, das Jagen, führen kleine “Streitereien” in Scheingefechten aus und auch die Drohgebärten werden häufig praktiziert. All das geschieht im gemeinsamen Spiel. Dies zu erlernen sichert für eine Katze in der Wildnis das Überleben.
Zur Sozialisierung gehört aber auch, dass die Babys ihren Platz im Rudel spielerisch ausprobieren, dass sie lernen, mit den Menschen zu leben und andere Tiere neben sich zu akzeptieren. Auch das Gewöhnen an die Geräusche einer menschlichen Wohnung, wie z.B. TV, Waschmaschine, Staubsauger, Geschirrspüler etc. gehört dazu. All das muss das Kätzchen lernen, damit es später einen gefestigten und starken Charakter zeigt.
Entwöhnung
Bis zur vollendeten 8. Woche lernt das Katzenkind auch, feste Nahrung aufzunehmen und das sichere Benutzen der Toilette ist mit Beginn des 3. Lebensmonats antrainiert. Diese Entwicklung hin zur selbständigen Ernährung und weg von der Muttermilch wird jedoch immer wieder von der säugenden Mutter begleitet, aber längst nicht mehr in der Häufigkeit wie noch vor einem Monat. Viele Mütter säugen ihre Babys bis zur Abgabe an die neuen Besitzer im Alter von 14 bis 16 Wochen.
Klettern und Balancieren
Die Körperbeherrschung ist in diesem Alter schon erstaunlich gut. Das Kätzchen beginnt, auf Kratzbäume zu klettern. Der Aufstieg stellt meist kein Problem dar, der Abstieg ist mitunter noch schwierig. Von Woche zu Woche wird es im Umgang mit seinen körperlichen Fähigkeiten sicherer.
ab dem 6. Lebensmonat
Ab diesem Alter gilt die junge Katze als absolut selbständig. Sie kann sich vollkommen allein ernähren (Wildkatze), die Entwicklung all ihrer Sinne sind vollständig abgeschlossen und sie verfügt über eine ausgezeichnete Körperbeherrschung. Der Zahnwechsel ist etwa im einem Alter von 7 Monaten abgeschlossen. Nun können Katzen durchaus auch schon in die Geschlechtsreife kommen, obwohl die meisten Katzen erst zwischen dem 10. und 15. Monat fortpflanzungsfähig sind.
Als vollkommen ausgewachsen gelten Katzen erst mit ca 2. Jahren, auch wenn die meisten Vertreter dieser bezaubernder Tierart schon kurz nach dem 1. Geburtstag selbst Elternfreuden entgegensehen werden.
Die Entwicklung in Bildern
Diese kleine Fotogalerie zeigt die Entwicklung ein und derselben Katze, Rasse Heilige Birma, „Wicky von der weißen Fee“, von Geburt an bis zu einem Alter von 12 Monaten.